Buchprojekt
Mystik ab 1968
Der Geistes und die Verweigerung der Subtraktion
Von Johanna Tschautscher
Eine Autobiographie
In Arbeit

Leseprobe:
Wir haben zehn Äpfel, ziehen wir sieben ab, bleiben drei. Nein, sagten die Fische, wir haben zehn Äpfel, ziehen wir sieben ab, haben wir zehn Äpfel, einen Ort, an dem sieben Äpfel sind, einen Ort an dem drei Äpfel sind, einen Ort an dem zehn Äpfel waren und nun drei Äpfel sind. Wir haben immer noch zehn Äpfel. Alles ist Addition. Nichts geht verloren.
Fische bewohnen unendliche Weiten und Tiefen. Mit Leichtigkeit flitzen sie in alle Richtungen. Sie können weit entfernten Fischen Signale geben. Sie können Laute ausstoßen und an weit entfernten Orten entstehen Empfangsstationen, für Ereignisse, die abgelegen stattfanden. Bei ihnen verschwinden sieben Äpfel nicht. Nie kommt etwas weg. Immer nur kommt etwas hinzu.
Als Kind verweigerte ich die Subtraktion. Nach vielen Monaten erst konnte ich die Anforderung „etwas abziehen“ mit Hilfe meiner Unterwasserwelt einordnen und in meinem Schulheft „Minus-Rechnungen“ durchführen. Alles ist immer ganz. Die Wendigkeit der Fische siegte über die Subtraktion und später über die Division. Immer wenn etwas zerlegt werden musste, ereigneten sich in meinem Inneren Neuschöpfungen von Raum, Impuls, Bewegung, die ich als Addition wahrnahm und die mich forderten. Vernichtungen gab es nicht. Ich konnte als Kind nicht denken: Es kommt etwas weg. Ich musste wissen, wohin es kam. Alles ist da. Subtraktionen konnten ohne neue Räume, an denen ein Teil hingeschoben wird, nicht durchgeführt werden. Die Abstraktionen erhöhten sich. Die Fische wurden immer bunter, greller, wendiger, größer und bei Bedarf auch kleiner. Gelegentlich konnten sie augenblicklich unsichtbar werden und sich vollständig in Luft auflösen. Sie bildeten Schwärme und ihre Kommunikationsfähigkeit wuchs. Meine Fische wurden eine riesige Welt.
Die ersten zwei Schulwochen ging ich jeden Tag um zehn Uhr nach Hause. Viele Ereignisse addierten sich zwischen acht und zehn Uhr im Klassenraum, die Fische schimmerten prächtig. Meine Fischwelt wuchs und ich wusste sehr genau, wann dieses Wachstum Pausen brauchte. Also packte ich meine Schultasche und verließ pünktlich nach zwei Stunden das Schulgebäude.