René Girard / Der lange Weg von der Gewalt zur Liebe
René Girards Denkvermögen fasziniert durch die Qualität seiner Überzeugung den eigenen Grundthesen ein Leben lang nachgehen zu wollen. Seine wissenschaftliche Genauigkeit verfeinert vorangegangene Ungenauigkeiten und bessert Fehler schrittweise aus.
Der von Girard entdeckte Zusammenhang der Gewalt mit dem Sakralen, das oft mit dem Heiligen gleichgesetzt wird, bringt eine ambivalente Botschaft: Das ‘sakrifizielle Christentum’ das einen Gott behauptet, dessen Zorn nur durch ein Opfer besänftigt werden kann. Und ein jesuanisches Gottesbild, das für fast 2000 Jahre ein Schattendasein fristete, der durch und durch gewaltlose Gott.
„Es brauchte die Aufklärung und die Psychoanalyse, bis diese Perversion entdeckt werden konnte.“ (Girard) Nun öffnet sich eine ganz neue Ära: der Gewaltlose Gott. Das Christentum kann nach der Forschung von René Girard ein Gewalt enthaltenes Gottesbild aufklären und hinter sich lassen und eine jesuanisch-christliche Spiritualität entwickeln, die allen Religionen gegenüber lernoffen ist, integral: der Gott bedingungsloser Liebe.
Der Film führt in Girard’s Theorien ein, zeigt aber noch nicht die gigantische Spannweite seiner daraus folgenden interdisziplinären, verstärkt die Psychologie sowie die Mystik betreffenden Folgeforschungen und Gedanken. Verzweigt, verschlungen und mit lehrreichen Umwegen führt Girard seine Forschung weiter und entdeckt den Gnade gebenden Gott, vertiefte sich, freute sich auch im Alter noch kindlich über neue Erkenntnisse und gab immer auch den Raum frei für andere. Letzteres führt zu einer Ganzheit, die Girard sehen konnte, er regt an die narzisstischen Neigungen zu überwinden, er erkannte diese auch an sich selbst.
Neben den wichtigen Theorien über das mimentische Begehren und den Sündenbockmechanismus spricht der Film auch über Girards Gedanken zur Apokalypse, dem Krieg, dem offenen Ende für die Menschheit und einem Gott, der nichts vorherbestimmt.
Drei Monate rang ich nach einer Entscheidung für den Schluss des Filmes. Endet der Film mit René Girards Kenntnis über die Gnade oder mit der offenen Geschichte, die aus Sicht von Girard auch das Ende der Menschheit bedeuten könnte, wenn diese sich dazu entscheidet. Ich musste mich fragen, ob es eine Einmischung in sein Denken wäre, der Gnade den Vorzug zu geben, oder ein Verkennen des offenen Gottes, der der Menschheit ihre Entscheidungen überlässt.
Im Schnitt folgte ich der dichten, geistvollen, wendigen Intellektualität und der schüchterner doch überzeugten Religiosität des Denkers.
Großer Dank gilt Frau Martha Girard, die mir Fotos von ihrem Mann zur Verfügung stellte. Damit konnte seine Kindheit und Jugend filmisch bekannt gemacht werden.