Inhalt:

Der Löwe Ludwig Töberlin, Generaldirektor einer großen Bank verlässt die Finanzwelt und entwickelt im Exil „ein Spiel“ mit Hilfe dessen der Nachwuchs das „Spiel liberale Marktwirtschaft“ begreifen und partizipieren kann. Far, seine Geliebte, ein Panter, ist ihm gefolgt. Sie will ihr Fell weghaben. Ludwig soll es ihr ausziehen. Er kann es nicht, es gibt keinen „unbespielten Ort“. Far, getrieben vom Bewusstsein einer Existenz unter dem Fell, weiß gehen zu müssen. Sie denkt ein Mensch sein zu können.
Gregg, ein Bison mit Schweinebauch, als Löwe verkleidet, Vorstand der Bank kommt und will das Spiel haben. Die letzte Unterschrift, um das Produkt auf den Markt zu bringen. Der Nachwuchs will sich am System gefallen. Das System bietet die Bandbreite der Möglichkeiten. Aber Gregg liebt Far, verzweifelt, er durchschaut das Spiel, weiß den Löwen zu spielen, um nicht als bekanntes Schwein in der Masse unterzugehen. Er kennt den Betrug, kuscht vor dem Alten, Töberlin und der Angst vor dem „großen Loch“ außerhalb des Systems.

Far geht. Vor der Tür des Exils begegnet sie den Randerscheinungen der etablierten Realität. Sie trifft Minaud, eine ehemalige Freundin, eine Therapeutin ohne Fell. Far will zu ihr, von ihrer „Art“ berührt werden, um vielleicht das Fell los zu werden. Aber Minaud weicht zurück. Far erlebt fragmentarisch Situationen einer sonst „bekleideten“ Realität. Die Grausamkeit hinter dem Schein des funktionierenden Marktes. Auf einem Schachbrett müht sich ein Bauer vorwärts. Far sieht den Bauern nach den Regeln des Schachs einen Löwen, die Figur des Königs töten. Aber ein neuer Löwe betritt das Spiel, entgegen der Regeln. Analog der „Naturgesetzlichkeit des freien Marktes“ aber entgegen der ratifizierten Gesetze tötet der Löwe den Bauern. Far sieht zu. Eine Assel, ein kleines Mädchen aus den ehemaligen Kolonien der dritten Welt verliert ihr Augenlicht zu Gunsten eines blinden Jungen der zivilisierten Gesellschaft. Far will zurück zu Töberlin, hilflos, sie sucht Schutz. Kurz bevor sie durch die Tür ins Exil zurückfindet, fällt Minaud von oben herab, ihr vor die Füße. Minaud ist erschöpft. Far bittet sie, ihr das Fell auszuziehen, Minaud ist nicht mehr ansprechbar. Sie, die Therapeutin begreift „das Schreien der Menschlichkeit unter dem Fell“ mit ihren Händen. Es ist zu viel. Sie kann nicht mehr antworten und kapituliert vor dem „großen Loch“, das alle fliehen. Minaud zieht ein Fell an und geht in das System zurück.
Gregg stylt sich. Vor der Tür zu Töberlin trifft er auf die erschöpfte Far. Far zieht vor ihm ihr Fell aus. Sie verlässt den Panter unter Schmerzen und sieht die Wirklichkeit der unterentwickelten Menschlichkeit. Der Hunger tritt auf und bittet Far um Hilfe. Gregg antwortet souverän. Er tötet den Menschen, der hungert.

Blätter wehen. Ein großer Baum des Dschungels fällt. Der Baum, als Kultur, in der Töberlin groß geworden ist, ist nicht mehr da. Töberlin, ohne seinen Baum, ist ein kleiner Junge. Er hat es immer gewusst, nur ein „kleiner, kleiner Mensch“ zu sein. „Zu mehr hat es die Kultur, die Wirklichkeit noch nicht gebracht.“ Gregg kommt und will das Spiel haben. Der Hunger tritt auf, er will gesättigt werden. Drei Hühner fressen Mais und sehen fern. Gregg erwürgt den Hunger, obwohl er weiß, dass der Hunger auferstehen wird. Es werden immer wieder Menschen Hunger haben. Gregg flieht verzweifelt. Far geht. „Wo gehst du hin? Hinaus?“ „Ja, hinaus aus der Kumulation der Negation, hinein in meine Menschlichkeit.“ Sie ist zurück in der Realität, wieder im Widerstand. Die Presse schart sich um sie. Auch Töberlin kehrt zurück. Er will ein neues Spiel erfinden. Das Ziel des Spieles ist die Befriedigung von Figuren wie Far. Das würde die Menschheit voranbringen. Far kennt eine Kultur ohne Spielfiguren, wo mit dem Leben nicht gerechnet werden kann. Er möchte ihr so gerne nachrufen können: Ich liebe dich.

 

Textausschnitt:

 

TÖBERLIN:
Sie ist auf der Seite des Widerstandes, sie weiß es noch nicht. Aber irgendwann wird sie es wissen. Und ich dachte ich erzähle es dir bis in die Nacht hinein, und weil ich dein Feind bin, du es aber noch nicht weißt, werde ich dich anlügen!
FAR:
Anlügen.
TÖBERLIN:
Hätte ich es dir sagen können: Meine Antwort ist nur das Mittel dafür, um ihnen drei Stunden gegenübersitzen zu können?
FAR:
Ich habe mich verliebt, in das was du sagtest.
TÖBERLIN:
Du hast dich zurückgelehnt und hast ganz ganz ganz tief eingeatmet …
FAR:
Ich war getroffen.
TÖBERLIN:
Ich wollte dich fressen … ich zitierte all jene, die den Weltwährungsfond abschaffen wollen, die Fiskalparadiese schließen, die Nahrungsmittelbörse liquidieren, die Auslandsschulden der ärmsten Länder streichen und eine öffentliche Fusionskontrolle einführen wollen … ich wusste was die Unschuldigen hören müssen, um sich zu verlieben.
FAR:
Die Welt gehört dir.
TÖBERLIN:
Nein, sie gehört Himmel und Hölle, Idee und Praxis.
FAR:
Du sagtest: Dass die linke Hand des Staates das Gefühl hat, dass die rechte Hand nicht mehr weiß, oder schlimmer, nicht wissen will, was die linke Hand tut. Auf jeden Fall will sie den Preis dafür nicht bezahlen.
TÖBERLIN:
Du bist geschmolzen.
FAR:
Ja.

Töberlin umwirbt sie. Er küsst sie. Far ist still.

TÖBERLIN:
Nach einer Woche schon kamst du zurück und sagtest. Mein lieber Ludwig Töberlin … sie haben mich außerordentlich belogen, ihre Lüge ist so großartig, wie ihre neoliberale Realität. Ihre Lüge ist so einzigartig entgegen ihrer Realität, dass ich sie der Opposition als neue Grundlage im Dienste des Widerstandes verkauft habe. Ein außergewöhnliches Pamphlet! Der Widerstand hat es begeistert aufgenommen und mich zwischen ihre Reihen gestellt, ich denke, schreibe, fühle gegen sie, lieber Herr Ludwig Töberlin, auf Wiedersehen.
FAR:
Du hast es dir gemerkt.
TÖBERLIN:
Ich habe dich durch meine Lüge zur Figur gemacht.

Schweigen

FAR:
Ich will mein Fell weg haben.

TÖBERLIN:
Dorthin, wo du hergekommen bist, unschuldig, nackt.

FAR:
Ja. Dort hin.

TÖBERLIN:
Niemand weiß wo das ist.

FAR:
Wenige.

TÖBERLIN:
Ich ertrage das nicht, Far!

FAR:
Du begehrst, Ludwig.

TÖBERLIN:
Aber natürlich, es ist doch nur natürlich. Du negierst immer die Natürlichkeit.

FAR:
Ich will mein Fell weg haben.

TÖBERLIN:
verzweifelt Aber du weißt doch, dass es deine Haut ist!

FAR:
Was ist, wenn wir uns nicht mehr in Menschen zurück verwandeln können? Vielleicht schaffen sie das ab?

TÖBERLIN:
Wieder unschuldig sein? Ein reiner Mensch? Du negierst die Welt, statt die Gesetzlichkeit zu akzeptieren und dich darin zu bewegen. Wie geschmeidig du hier in geworden bist, und findest keinen Gefallen daran?
FAR:
Mir ist ein Fell gewachsen, Ludwig, und jetzt will ich es wieder weg haben.

TÖBERLIN:
Berühre mich.

Far führt ihre Hände langsam an ihre Brust, senkt den Kopf, legt die Hände auf seine Brust und fühlt. Töberlin genießt es außerordentlich, dann hält er es nicht mehr aus und befreit sich, sonst hätte er sie gebissen.

TÖBERLIN:
Da draußen ist nichts als die Leere. Ohne Fell bist du ungeschützt! Da draußen ist nur die Möglichkeit des Lebens, hier das Leben selbst. Du negierst die Natur, die das Leben in seinen Varianten spielbar macht. Die Gesetzlichkeit der Natur macht uns zu dem was wir sind. Wir erkennen uns im Kampf, im Wettbewerb, an der Lust, am Gewinnen, am Verlieren, am Konkurrenten, am Feind. Nicht in der Meditation. Das was du verteidigst ist „die Liebe“, als hohe Form der Aufmerksamkeit. Der außergewöhnlichste Trick der Natur ist die Liebe, die uns in die Situationen wirft und mit ungeheuren Kräften ausstattet. Die Liebe, ein Mittel, nichts weiter als eine Kraft um alle Facetten spielbar zu machen. Du willst kein Tier sein, aber du bist ein Tier geworden, Far, wie oft habe ich dich töten sehen. Und jetzt erträgst du die Schuld nicht, dass du gefressen hast, wie wir alle.